junge Welt, 09.11.2002 "Dieser Krieg ist antiamerikanisch" jW-Wochenendgespraech mit Scott Ritter und Hans Graf von Sponeck ueber Patriotismus in den USA und deutsche Souveraenitaet, Luegner im Irak und Spione bei der UNO sowie drei Ratschlaege an Schroeder * Scott Ritter, Parteifreund von George W. Bush und nun sein schaerfster Kritiker, war Geheimdienstoffizier der US-Marine im Golfkrieg und von 1991 bis 1998 Leiter einer Waffeninspektionseinheit der UNO-Sonderkommission fuer den Irak (UNSCOM). Bei Kiepenheuer & Witsch erschien nun das aeusserst lesenswerte Taschenbuch "Krieg gegen den Irak. Was die Bush-Regierung verschweigt". Der deutsche Diplomat Hans Graf von Sponeck war von 1998 bis 2000 Koordinator des humanitaeren UN-Hilfsprogramms fuer den Irak. Wie sein Vorgaenger Denis Halliday trat er aus Protest gegen die Fortsetzung der Sanktionen zurueck. Scott Ritter und Hans Graf von Sponeck nahmen am vergangenen Wochenende auf dem internationalen Irak-Kongress "Alternativen zu Embargo und Krieg" im Rathaus Schoeneberg in Berlin teil. Internet: www.embargos.de www.irak-kongress-2002.de F: Herr Ritter, Sie haben sich von einem US-Marine und UN-Waffeninspektor in einen der fuehrenden Gegner eines neuen Irak-Krieges gewandelt. Sind Sie jetzt Antiamerikaner? Scott Ritter: Gott nein, ich bin sehr fuer Amerika, ich liebe mein Land und alles, wofuer mein Land eintritt. Sie sagen, ich haette mich gewandelt? Nein, ich habe mich ueberhaupt nicht veraendert. Die gleichen Prinzipien, die mich frueher als Offizier der Marines geleitet haben, Integritaet, Pflicht, Ehre, Heimat, leiten mich auch heute. Als Waffeninspektor habe ich nichts getan, was sich gegen Amerika gerichtet hat. Die damalige Regierungslinie war, den Irak zu entwaffnen. F: Aber jetzt wenden Sie sich doch gegen Ihre Regierung? Scott Ritter: Ich bin gegen die Politik der Bush-Administration, und ich war auch gegen die entsprechende Politik der Clinton-Regierung. Nicht, weil ich gegen, sondern weil ich fuer Amerika bin. F: Wenn sich in Deutschland jemand gegen diese Politik wendet, gilt er als antiamerikanisch. Was ist der Unterschied? Scott Ritter: Ich finde nicht, dass die Deutschen antiamerikanisch sind. Ich bin gegen diese Politik, weil ich die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika gelesen habe, was mir erstens das Recht gibt, offen zu reden und zweitens mich auch dazu verpflichtet. Denn da steht, die Regierung ist vom Volk, durch das Volk und fuer das Volk da. Ich bin jemand vom Volk. Und ich bin nicht davon ueberzeugt, was meine Regierung tut. Ich bin nicht davon ueberzeugt, dass sie den Prinzipien unserer Verfassung gerecht wird. Es wird eine Politik verfolgt, die dem Voelkerrecht widerspricht, also widerspreche ich offen. Nicht in einer antiamerikanischen Weise. Ich spreche fuer Amerika. Das patriotischste, was ich derzeit tun kann, ist, mich gegen diesen Krieg auszusprechen. Denn dieser Krieg ist antiamerikanisch. Die Politik der US-Regierung basiert auf Luegen. Warum sollten wir einen Krieg gegen den Irak beginnen? F: Ihr Praesident behauptet, er wolle die Amerikaner vor dem internationalen Terror und Massenvernichtungswaffen schuetzen. Scott Ritter: Dann muss er das beweisen. Um welche Massenvernichtungswaffen handelt es sich, wer hat sie und wo sind sie? Der Irak hat gesagt, die Inspektoren koennen zurueckkehren. Also kaempfe ich dafuer, dass die Inspektoren wieder ihre Arbeit aufnehmen koennen, damit wir mit diesen Massenvernichtungswaffen umgehen koennen. Was den internationalen Terrorismus betrifft: Es war nicht Saddam Hussein, der uns am 11. September 2001 angegriffen hat. Saddam Hussein hat keine Verbindungen zu Al Qaida, das ist ein Fakt. Man sagt, es gehe um den Schutz von Amerika. Aber es handelt sich um eine nicht vorhandene Bedrohung. Ich frage: Warum der Irak? Warum jetzt? Je weiter Sie graben, desto mehr finden Sie heraus, dass es nicht um Terrorismus und auch nicht um Massenvernichtungswaffen geht, sondern um Imperialismus. Man tarnt es und nennt es "Unilateralismus", doch es ist nichts anderes als nackte Aggression. Als Amerikaner kann ich mich nicht einfach zuruecklehnen und zulassen, dass meine Regierung fuer etwas steht, was wir vor 226 Jahren bekaempften, als wir uns vom britischen Imperialismus befreiten. Ich will nicht Teil einer amerikanischen imperialistischen Macht werden. F: Sie haben im September den Irak besucht. Was war Ihr Anliegen? Scott Ritter: Ich wollte einen "Praeventivschlag" gegen Praesident Bush landen, der sich am 8. September mit Tony Blair im texanischen Crawford traf, wo sie einen Kriegsrat abhalten wollten. Es war ein Sonntag. Sonntags morgens gibt es im amerikanischen Fernsehen immer Talkshows, und es war abzusehen, dass die mit Vertretern der Bush-Administration ueberflutet werden wuerden – mit dem Verteidigungsminister, dem Aussenminister, der Nationalen Sicherheitsberaterin – und alle wuerden fuer einen Krieg mit dem Irak werben. Es war kurz vor dem Jahrestag der terroristischen Angriffen auf Amerika am 11. September. Bush wollte zudem am 12. September seine Rede vor den Vereinten Nationen halten. Meine Sorge war, dass sie diese dichte Terminfolge dazu nutzen wuerden, die oeffentliche Meinung in Amerika hochzupuschen, um einen Krieg zu unterstuetzen und somit unvermeidbar zu machen. Diese oeffentliche Debatte wollte ich fuer einen Ueberraschungsangriff nutzen. Ich wollte etwas tun, was selbst die amerikanischen Medien nicht ignorieren konnten. Also fuhr ich in den Irak und hielt eine Rede vor der irakischen Nationalversammlung. Und das war genau richtig. Die amerikanischen Medien konnten mich nicht ignorieren, und ploetzlich bestimmte ich die Nachrichten an diesem 8. September. Sie mussten sich mit mir auseinandersetzen. Meine Stimme wurde gehoert. Mir ging es darum, die Inspektionen wieder in Gang zu bringen. Ein Ziel meines Besuches in Bagdad war, die irakische Regierung davon zu ueberzeugen, dass sie die Inspektoren wieder arbeiten lassen muss. Ohne Bedingungen. Damit wird der Bush-Regierung die Rechtfertigung fuer einen Krieg genommen. Fuenf Tage, nachdem ich den Irak verlassen hatte, sagte die irakische Regierung, sie wuerde die Waffeninspektoren wieder ins Land lassen, ohne Bedingungen. Ob ich dazu beigetragen habe oder nicht, ich weiss es nicht. Aber ich war mit mir ziemlich zufrieden. Die Tatsache, dass wir heute noch immer ueber die Rueckkehr der Inspektoren sprechen und noch kein Krieg begann, ist schon eine Art Sieg. F: Glauben Sie, dass der neue Leiter der UN-Waffeninspekteure, Hans Blix, und sein Team im Irak eine gute und ehrliche Arbeit leisten koennen? Scott Ritter: Fuer die Inspektoren sind zwei Dinge wichtig. Es bedarf der vollen Bereitschaft zur Zusammenarbeit seitens der irakischen Regierung, sonst geht es nicht. Irak muss einsehen, dass es keine zweite Chance geben wird, wenn sie wieder versuchen, die Inspektoren an der Nase herumzufuehren. Zum anderen muessen die Inspektoren fuer den Sicherheitsrat und dessen Abruestungspolitik arbeiten. Ungluecklicherweise wurden die Inspektoren in der Vergangenheit von den USA benutzt. Sie sollten Informationen ueber Saddam Hussein sammeln. Es wurden Provokationen lanciert, um Militaerschlaege auszuloesen. So etwas ist unakzeptabel. Es wird an den Irakern und an der amerikanischen Regierung liegen, ob die Inspektoren dieses Mal erfolgreich arbeiten koennen. Hans Blix kann die irakische Regierung nicht kontrollieren, aber er kann "Nein" sagen, wenn die USA versuchen, die Inspektionen zu manipulieren. Er hat gesagt, er werde sich wie ein internationaler Beamter verhalten, anders, als sein Vorgaenger Richard Butler, der ein Werkzeug der amerikanischen Aussenpolitik war. Ich bin allerdings etwas in Sorge, denn in den letzten Wochen hat Hans Blix einige sehr beunruhigende Dinge getan: Zunaechst sagte er, die Inspektoren koennten am 19. Oktober wieder an die Arbeit gehen. Dann haben sich die USA ueber Aussenminister Colin Powell eingemischt und gesagt, die Inspektoren wuerden nicht zurueckkehren, bevor nicht eine neue Resolution da sei. Doch Hans Blix arbeitet fuer den Sicherheitsrat, nicht fuer die USA! Warum hat er dem zugestimmt? Ausserdem hat Hans Blix kuerzlich zugelassen, dass man ihn ins Weisse Haus zum US-Praesidenten einbestellte. Fuer wen also arbeitet Hans Blix, fuer den Sicherheitsrat oder fuer die USA? Hans Blix tendiert dazu, sich amerikanischem Druck zu beugen. Die Folge ist, dass die Inspektoren bis heute nicht in den Irak zurueckgekehrt sind. Er muss verstehen, dass sich dieser Druck erhoehen wird, sobald die Inspektoren zurueckkehren. Dagegen muss er sich wehren. Er muss das internationale Recht verteidigen. Die Moeglichkeit, dass die Inspektoren benutzt werden, um eine Krise herbeizufuehren und den USA die Moeglichkeit zu geben, einen Krieg zu beginnen, ist sehr hoch. F: Sie haben kuerzlich gesagt, es brauche einen "ehrlichen Vermittler" fuer den Irak. Wer koennte diese Arbeit leisten und mit welchem Ziel? Scott Ritter: Die Inspektoren betrachten die Iraker als Betrueger und Luegner, und die Iraker sehen in den Inspektoren Schwindler und Spione. Beide Seiten haben guten Grund fuer ihre Sicht. Wir brauchen daher einen vertrauensbildenden Mechanismus, einen "ehrlichen Makler", der zwischen beiden Seiten vermittelt. Wenn der Irak die Inspektoren beschuldigt, Spionage zu betreiben, kann der "ehrliche Vermittler" sich das ansehen und sagen, nein, sie machen ihren Job gut. Und wenn die Inspektoren die Iraker beschuldigen, nicht zu kooperieren, kann der "ehrliche Vermittler" sich das ansehen und sagen, nein, sie sind zur Zusammenarbeit bereit. Es ist ein Filter, der Missverstaendnisse vermeiden hilft. Ungluecklicherweise haben die Inspektoren ja nicht mehr die Glaubwuerdigkeit, die sie eigentlich verdienen. Kanada und Suedafrika haben schon Bereitschaft fuer solch eine Vermittlung signalisiert. Vielleicht sollte auch ein Land aus der Europaeischen Union dabei sein, Belgien zum Beispiel. Es geht darum, ein Land oder eine Gruppe von Laendern zu finden, die sich der UN-Charta und dem Voelkerrecht verpflichtet fuehlen. F: Es gibt Unstimmigkeiten zwischen der US-Fuehrung und der Bundesregierung hinsichtlich eines Irak-Krieges. Hat das Auswirkungen auf die oeffentliche Meinung in den USA? Scott Ritter: Es ist absolut laecherlich, wie sich die Bush-Regierung gegenueber Deutschland aeussert. Deutschland hat nichts anderes getan, als zu zeigen, dass es ein demokratisches Land ist. Deutschland ist ein souveraener Staat, und es war der demokratische Wille des Volkes, dass dieser Krieg nicht unterstuetzt werden soll. Die Bevoelkerung in den USA hat sehr aufmerksam verfolgt, was in Deutschland waehrend der Wahlen geschah. Die Opposition gegen den Krieg in Deutschland spielte eine wichtige Rolle in unseren Medien. Einer unserer engsten Verbuendeten, Deutschland, ist gegen den Krieg! Warum, warum, warum, was ist da los, waren die dominierenden Fragen? Einfach zu sagen, wir duerfen nicht gegen den Krieg sein, weil wir die Amerikaner nicht veraergern wollen, bedeutet, die Amerikaner im Stich zu lassen. Wenn Sie ein Freund Amerikas sind, muessen Sie aufstehen und sagen, woran Sie glauben und muessen tun, was Sie fuer richtig halten. Wenn Deutschland sich einfach blind der US-Politik anschliessen wuerde, kann es auch gleich die deutsche Fahne mit der amerikanischen austauschen, dann waeren Sie nichts anderes als eine amerikanische Kolonie. Wollen Sie ein souveraener Staat sein, dann muessen Sie auch fuer Ihre Position einstehen. Seien Sie ein Freund Amerikas. Freunde helfen sich in schweren Zeiten. Wenn es fuer uns in Amerika patriotisch ist, den US-Praesidenten zu kritisieren, dann ist es auch richtig fuer unsere Freunde in Deutschland, den US-Praesidenten zu kritisieren. F: Herr von Sponeck, bei der Berichterstattung ueber den Irak-Konflikt sprechen Sie von einer "Achse der Falschinformation". Was veranlasst Sie zu dem schweren Vorwurf? Hans von Sponeck: Was heute als "Fakten ueber den Irak" praesentiert wird, entspricht nicht der Wahrheit. Das laesst sich belegen, sonst wuerde ich den Vorwurf auch nicht erheben. So wird immer wieder versucht, den Irak mit Al Qaida in Verbindung zu bringen. Der einzige Ort im Irak, wo Al Qaida wahrscheinlich praesent ist, ist der kurdische Teil, der ausserhalb der Kontrolle Bagdads liegt. Von den kurdischen Fuehrern hoert man, dass dort hoechstens ein paar Dutzend versprengter Al-Qaida-Kaempfer in einer fundamentalistischen Gruppe, Ansar al-Islam, sind. Fuer die vielen Al-Qaida-Mitglieder, die US-Angaben zufolge angeblich in Bagdad frei herumlaufen, gibt es keinen Beweis. Auch Diplomaten in Bagdad sagen das. Alle Versuche, den Irak fuer die Angriffe auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam verantwortlich zu machen, haben sich als falsch erwiesen. Der Angriff auf das Schiff "Cole" war jemenitischen Ursprungs und hatte mit dem Irak nichts zu tun. Bei Anschlaegen mit Milzbrandpulver deutet alles darauf hin, dass es amerikanischer, nicht irakischer Herkunft war. Die Verbindung zwischen einem Angehoerigen des irakischen Geheimdienstes und einem Terroristen vom 11. September in Prag ist auch peinlich ausgegangen. Der tschechische Praesident hat kuerzlich erklaert, die ganze Sache geht auf einen Konkurrenzkampf verschiedener tschechischer Geheimdienste zurueck, die ihren auslaendischen Kollegen zeigen wollten, wie gut sie sind. Alle Versuche, Bagdad mit dem Terrorismus in Verbindung zu bringen, sind zusammengebrochen. Leider ist es so, dass besonders die US-Presse – Washington Post, New York Times, Wall Street Journal – mehr oder weniger zum Lautsprecher der amerikanischen Regierung geworden ist. Fakten und Mythen, Zeiten und Orte werden vermischt, so dass beispielsweise der Eindruck entsteht, der entsetzliche Giftgaseinsatz gegen die Kurden 1988 habe im letzten Jahr stattgefunden. Mit solchen Verzerrungen wird bewusst ein Feindbild aufgebaut, das in keiner Weise der Wahrheit entspricht. Man will einen Psychokrieg fuehren, um die Oeffentlichkeit zu beeinflussen. F: Glauben Sie, die Bundesregierung wird bei ihrer Position bleiben, an einem US-Krieg gegen Irak nicht teilzunehmen? Hans Graf von Sponeck: Die Bundesregierung hat nicht viel Spielraum: Nach Artikel 26 des Grundgesetzes und Paragraph 80 des deutschen Strafgesetzbuches ist ein Praeventivkrieg, also ein Angriffskrieg, strafbar. Die Bundesrepublik kann sich gar nicht aktiv einschalten. Enttaeuschend waere, wenn die Bundesrepublik aus aussenpolitischen Interessen durch die Hintertuer einsteigt, zum Beispiel mit flankierenden, unterstuetzenden Massnahmen. Bundeskanzler Gerhard Schroeder muss jetzt auch sagen, dass der Verweis auf Artikel 5 des NATO-Vertrages fuer die Bundesrepublik nicht akzeptabel ist, weil es sich nicht um Selbstverteidigung handelt. Ebenso ist Artikel 51 der UNO-Charta anwendbar. Den USA geht es geht ja nicht darum, die Aggression eines anderen Landes zu beantworten. Besonders diejenigen, die Schroeder zur Wiederwahl verholfen haben, erwarten von ihm eine klare Aussage, dass deutsches Gebiet nicht fuer einen Krieg genutzt werden kann, falls sich die Amerikaner entscheiden, einen solchen zu fuehren. F: Wenn Sie heute Berater von Gerhard Schroeder und Joseph Fischer waeren, was wuerden Sie ihnen denn raten? Hans Graf von Sponeck: Ausgangsposition muss die Erinnerung an das Versprechen sein, dass nie wieder ein Krieg von deutschem Boden aus gefuehrt werden darf. Zweitens sollte Herr Fischer den Dialog auf drei verschiedenen Ebenen foerdern. Erstens im Sicherheitsrat, wo wir eine grosse Chance haben, weil Deutschland ab Januar 2003 dort vertreten ist. Dort muss auch ueber anderes gesprochen werden, auch mit den Irakern: Wie steht es um die lokale Autonomie der Kurden und die gerechte Mittelverteilung der Oelgelder? Wann koennen bei Kooperationen in der Abruestung die Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden? Welche Garantien wird es fuer die Kurden geben? Die Bundesregierung kann ihren Einfluss zugunsten eines Dialogs geltend machen. Deutschland kann auch den Dialog mit und in der Arabischen Liga unterstuetzen und sicherstellen, dass die arabischen Regierungen die Chance haben, ohne Druck von draussen ihre Gespraeche zu fuehren. Die Bundesrepublik kann ihre relativ engen Beziehungen mit dem Iran nutzen, damit Iran und Irak ihre Friedensverhandlungen weiterfuehren und einen Friedensvertrag abschliessen. Drittens sollten Europa und Deutschland versuchen, den innerirakischen Dialog vorwaerts zu bringen, statt ihn zu boykottierten, wie das von den Amerikanern immer wieder der Fall gewesen ist. Die USA haben die Kurden davon abgehalten, mit Bagdad im Dialog zu bleiben. Die Kurden wissen ganz genau, wo ihre Zukunft liegt. Man soll ihnen die Moeglichkeit geben, mit ehrlichen, flankierenden Unterstuetzungsmassnahmen solche Gespraeche zu fuehren. Die Iraker wissen ganz genau, dass sie eine allerletzte Karte in der Hand haben. Wir koennen heute davon ausgehen, dass sie kooperieren wollen. Die Iraker werden mitmachen, wenn man ihre Wuerde respektiert und eine friedliche Konfliktloesung herbeifuehren will. Sie wollen dieses Kapitel endlich hinter sich bringen. Wenn man das versteht, wird man einen Weg finden. Es sei denn, man hat gar kein Interesse an einer friedlichen Loesung im Mittleren Osten. F: Herr Ritter, kann der Krieg gegen den Irak noch verhindert werden? Scott Ritter: Die Zeit wird knapp, die Lage ist sehr kritisch. Doch wenn die Inspektoren in den Irak zurueckkehren und arbeiten koennen, ohne dass sich die irakische oder die US-Regierung einmischen, dann wird es fuer die USA schwierig werden, weiterhin einen Krieg zu propagieren. Ein Grund, warum die Bush-Administration auf einen schnellen Krieg draengt, ist das kleine Zeitfenster. Es gibt nur eine kurze Phase von Dezember bis Maerz. Wenn es bis Maerz keinen Krieg gibt, haben wir eine gute Chance, dass es gar nicht zum Krieg kommt. Insofern gibt es Hoffnung, diesen Krieg verhindern zu koennen. Ich bin nicht sehr zuversichtlich, aber es gibt Hoffnung. Interviews: Karin Leukefeld